by Herbert Frei 12.05
Am 19. November 2005 trafen sich UW-Fotografen zur 27. Kamera Louis Boutan (KLB) in der Zeche Zollverein in Essen. Gespannt war man, ob der Sachabteilungsleiter Visuelle Medien
im VDST, Arnd Winkler, diesmal den Laden besser im Griff haben würde als vor zwei Jahren in Aufkirchen bei München.
Herbert Frei über eine Fotoveranstaltung, die fast wieder zu alter Größe zurückgefunden hat.
Problem Nr.1 bei solchen Foto-Events ist immer der Austragungsort. Von der Kritik über Aufkirchen 2003 gebeutelt nahm VDST-Fotochef Arnd Winkler diesmal die Sache selbst in die Hand. Und zwar in seiner
Heimatstadt Essen zusammen mit seinem Tauchclub, den Tauchfreunden Essen, in deren Reihen sich Deutsche UW-Foto-Meister und Videografenfreaks die Sitzplätze teilen. Da ist ein gewachsenes Interesse vorhanden, das man in
anderen VDST-Tauchclubs eventuell vergeblich suchen muss.
Weiterer Vorteil: Man ist vor Ort, kann die Organisation besser steuern und Störungen bzw. Missständen Einhalt gebieten. Noch klemmt es allerdings etwas an
der PR. Sowohl UnterWasserWelt als auch das Tauchmagazin Aquanaut waren nicht im VDST-Verteiler für Infos zur 27. KLB. Und das ist schade, denn PR kann so eine Veranstaltung immer gebrauchen, will sie nicht als
Insiderveranstaltung unbemerkt und unbeleckt in der Versenkung verschwinden.
Die Räumlichkeiten auf Zeche Zollverein kann man auch als kritischer Mensch vorbehaltlos als sehr gut bezeichnen. Idealer kann man es fast
nicht mehr finden. Deshalb sollte man sich in der Sachabteilung Visuelle Medien im VDST gut überlegen, ob die Veranstaltung 2007 nicht wieder dort stattfinden kann. Die Besucher waren jedenfalls einhellig dafür.
Voraussetzung ist natürlich, dass die Essener-Tauchfreunde sich noch mal für die Ausrichtung bewerben. Wir wollen den Club an dieser Stelle lobend erwähnen und allen ehernamtlichen Helfern für ihre selbstlose Mühe
danken. Ohne die engagierten Vereinsmitglieder, deren Frauen ca. 120 Kuchen (einfach unglaublich!!) gebacken haben, wäre wohl nur halb so viel gelaufen. Auch das Catering war sehr gut organisiert. Selbst nachts um 24:00
gab es noch Schnitzel, heiße Würstchen, Buletten und belegte Brötchen.
Das Beiprogramm war durchaus interessant und abwechslungsreich, konnte aber nicht so durchgezogen werden, wie geplant, weil sich ein Referent im
Urlaub befand und ein anderer den Termin schlicht verschlafen hatte. Auch vom Treffen der UW-Fotoinstruktoren hatten sich einige mehr versprochen. Es war eher ein Monolog des Sachabteilungsleiters vor halbleeren
Stühlen. Besser man richtet so etwas in einem Nebenraum aus, wo auch Diskussionen angeregt werden können. Und dann nicht schon um 13:00, wenn kaum einer da ist, sondern um 17:00, wenn sich die Arena füllt. Aber das sind
Kleinigkeiten, an denen die Veranstaltung nicht gemessen werden sollte. Denn das Wichtigste sind und bleiben die Wettbewerbsbilder.
Ein Juror fand das Niveau der eingereichten Bilder nicht besonders hoch, ein anderer
war mehr als zufrieden. Die Meinungen driften wie immer bei solchen Anlässen.
Auch die KLB steht mittlerweile am Scheideweg zwischen analog und digital. Noch wird um das richtige Rezept gerungen. Insofern kann einem
Arnd Winkler leid tun, muss er sich doch als Fotoprofi mit eitlen Landesfürsten herumplagen, die alles besser wissen und doch kein Patentrezept präsentieren können. So sollen zu allen eingereichten Digitalbildern
RAW-Daten mitgeliefert werden, damit man das ursprüngliche Bild unverfälscht beurteilen und auch Manipulationen besser entdecken kann. Was aber geschieht mit Leuten, die mit TIFF oder JPEG-Dateien fotografieren, weil
sie gar keine RAW-Bilder bearbeiten wollen? Oder jemand hat eine digitale Kompaktkamera, die kein RAW liefert oder das RAW erst nach 10 s Wartezeit? Da liegt noch Diskussionsstoff in der Luft, denn diese Vorgabe zeugt
nicht von digitalem Sachverstand. Wird es möglicherweise bald eine eigene JPEG-Kategorie für UW-Fotografen mit einfachen Digicams geben?
Ein weiteres Dilemma ist die Präsentation von Dias zusammen mit Digibildern.
Dieser Spagat kann bei einem öffentlichen Fotowettbewerb kaum gelingen. Zurzeit werden die Digibilder noch als Dias ausbelichtet und mittels Projektoren an die Leinwand geworden. Die Qualität war erstaunlich hoch.
Bleibt das so, oder werden in Zukunft Dias gescannt und als Digibilder mittels Beamer präsentiert? Kann das abbildungsmäßige Niveau dann noch gehalten werden? Hat man Geld für einen Profibeamer? Fragen, die in den
nächsten zwei Jahren eine Entscheidung bedingen. In Gesprächen war man sich zwar uneinig, hielt aber die jetzige Lösung mit dem Ausbelichten für ideal. Abhängen wird die Fortsetzung dieser Methode aber von der Digiflut,
die in Zukunft über den Veranstalter hereinbrechen wird. Denn vermutlich bald schon sind Dias in der Minderzahl und werden keine Führungsrolle mehr beanspruchen können.
Allen Leuten kann man es nicht recht machen.
Die Festlegung von Fotothemen ist immer eine Gratwanderung, weil man nicht weiß, wie sie angenommen wird und ob die UW-Fotografen auch die Ausschreibung verstanden haben. Ein solcher Missgriff war die Kategorie
„Lebensraum Wrack“. In beeindruckender Manier sprach der Laudator Prof. Dr. Willi Xylander von Suczessionen, sobald versunkene Schiffe von der Flora und Fauna des Meeres in Besitz genommen werden. Von der ersten
fünf Siegern hat allerdings nur der Schwabe Ludwig Migl das Thema richtig umgesetzt. Sein leider etwas dunkles Wrackbild war das Einzige, auf dem Fische zu sehen waren. Alle anderen hatten das Thema verfehlt. Es waren
durchweg herrliche und sauber gestaltete Wrackaufnahmen mit Tauchern, aber Wracks sind nicht der Lebensraum von Menschen. Diesem Irrtum ist sogar der Sieger Christop Giese, seines Zeichens Biologe, verfallen. Und auch
die Jury war sich vermutlich nicht im Klaren, was ausgeschrieben war, denn etliche UW-Fotografen erzählten uns, dass ihre Lebensraum-Bilder gegen das übliche Wrackgesülze keine Chance hatten.
Es ist zu begrüßen,
dass im VDST auch Kategorien ausgewählt werden, die sich mit den Sicherheitsaspekten des Tauchens beschäftigen. Beispielsweise „Tauche nicht allein“! Ein Slogan, den UW-Fotografen eher nicht beachten.
Fotografierende Individualisten wollen und können keine Störenfriede neben sich haben. Ausnahme bei der Modelfotografie! Und hier taten sich denn auch die Cracks besonders schwer, weil man bei der Modelfotografie
tunlichst vermeidet, dass noch andere als die eigene Partnerin mit aufs Bild kommt. So sahen einige der Siegerbilder auch etwas verkrampft nach gestellter Szenerie aus. Das Siegerbild von Thomas Hedckmann hat diesen
Eindruck vordergründig nicht geweckt und zu recht gewonnen.
Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis. Digital-Fantasien sind so ein Fall. Schöne Arbeiten, viel Fleiß, aber wenig Erbauliches. Vielleicht liegt
es auch an der Vorgabe, die ein Kunstbild aus drei Bildern zur Voraussetzung machte. Warum eigentlich? Kann man ein Kunstbild nicht auch aus zwei Bildern oder aus fünf gestalten? Für digitale Übungszwecke ist diese
Kategorie durchaus geeignet, weil sie auch das Können am PC berücksichtigt. Dass es da echte Spezialisten gibt, konnte man explizit am Werk von Axel Debatin sehen. Allerdings waren sowohl sein Siegerbild als auch die
ausgewählten Motive der Mitbewerber eher für Comic konsumierende Zuschauer gedacht.
Im Schwimmbad scheiden sich die Geister. Ein sehr schwieriges Terrain, das nur wenige wirklich beherrschen, weil es außer Kacheln,
Edelstahlwänden und halbnackten Akteuren nicht viel zu sehen gibt. Reüssieren kann man hier nur, wenn man ein geeignetes Bad auftreiben kann und das oder die Models willig mitmachen. Gut, dass man in dieser Kategorie
auch Fotos mit Kindern zu sehen bekommt. Zur Abwechslung gewann endlich mal ein etwas unbekannter Fotogaf. Roland Klein heißt er. Sein Siegerbild einer Schwimmerin mit offenen Augen, einem Lächeln im Gesicht und
nachziehendem Blasenschall wird sicherlich von Leuten unterschätzt, die solches noch nie versucht haben. Dynamik in Bildern wird, das darf man offen sagen, von den meisten Jurymitgliedern weder verstanden noch
gewürdigt. Hier hat man es kapiert.
Süßwasser wurde bei der 27. KLB zur Präsentation auf Papierbildern degradiert. Das sollte man wieder rückgängig machen, denn es ist der Förderung der heimischen UW-Fotografie
nicht angemessen. Wenn die Statistik stimmt, so tauchen tatsächlich 60-80 % aller VDST Mitglieder auch in heimischen Gewässern. Nichts gegen die Siegerbilder von Klaus Breitenbach, sie sind einmalig schön, aber müssen
es immer die Seen am Fernpaß sein, die hohe Punktzahlen erreichen? Was mehrheitlich fehlt sind Bilder aus Baggerseen mit Karpfen oder Schleien. Das ist schwer und meistens nur mit einem Rebreather oder schnorchelnd zu
schaffen. Zu Gewissenskonflikten kommt es natürlich auch, wenn eine Molchlarve mit einer Spiegelung aus einem Bergsee verglichen wird. Vielleicht sollte man im Süßwasser einen Fünf-Bilderwettbewerb einführen, damit mal
frisches Blut in die Darstellungen einfließt.
Gut, dass sich der VDST um den fotografischen Nachwuchs kümmert. In der Kategorie „Der erste Kontakt“ konnten sich Einsteiger ihre ersten Sporen verdienen. Oftmals
handelt es sich um begeisterte Digi-Knipser, die mit einem transparenten Polykarbonat-Gehäuse die Unterwasserwelt unsicher machen und hin und wieder einen gefeierten Sonntagsschuss nach Hause tragen. Ob es bei Ulrich
Wozniak ebenso war, wissen wir nicht. Wir wissen nur eins. Sein Siegerbild mit zwei Sepias hätte auch bei den Profis Chancen gehabt.
Die mit Abstand schwierigste und anspruchsvollste Kategorie ist der 10 Bilder
Wettbewerb, der traditionell mit Dias bestritten wird. Bis auf einige feste Vorgaben können die Bilder vom Einsender frei gewählt werden. Dokumentiert werden soll das kreative und umfassende Können des UW-Fotografen
mittels einer Serie. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Gewinnen kann vermutlich aber nur, wer weitgereist ist...so jedenfalls der äußere Eindruck. Je exotischer die Motive desto größer die Chancen. Wer zudem über
ein stattliches Archiv verfügt, kann seine Chancen mehren. Eine Dias-Serie aus Süßwasser, Mittelmeer und Nordsee dürfte es angesichts der tropischen Konkurrenz schwer haben. Durchgesetzt hat sich mit dem Gelsenkirchener
Thomas Heckmann eine Figur, die in der UW-Fotoszene wie ein Komet am Himmel leuchtet. Der Mann verfügt beruflich bedingt über wenig Freizeit, aber über eine geniale Bildauswahl mit Top-Motiven. Abzuwarten bleibt, ob er
die Visuellen Medien bei der nächsten WM vertreten wird.
Mit dem Gewinn des 10 Bilder Wettbewerbs ist auch die Entgegennahme eines potthässlichen Wanderpokals mit Namensgravur verbunden. Dreimal muss man ihn
gewinnen, dann darf man den schaurig-schönen Pott für immer behalten. Das hat aber vermutlich alle Vorgänger davon abgehalten, sich mehr als zweimal den Punktrichtern zu stellen.
Deutscher UW-Fotomeister kann
nur werden, wer sich zwei Jahre lang erfolgreich an in- und ausländischen Live-Wettbewerben beteiligt. Eine harte Zeit, die mit viel Arbeit und Freizeit verbunden ist. Armin Trutnau heißt der fleißige Arbeiter. Er
gewann zudem auch die German Open. Ein maßgeblicher Meilenstein auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft. Orthopäde Armin, der wegen seiner offenen Kritik an Jedermann teils gefürchtet teils geächtet wird, bleibt einer
der heißesten Anwärter auf einen Listenplatz zur nächsten WM. Zusammen mit Thomas Heckmann und zwei gutaussehenden und fähigen Models würden die beiden ein Gespann mit formidablen Erfolgsaussichten bilden. Mal abwarten,
wer hinter den Kulissen die Strippen zieht und was im Geheimen gemauschelt wird. Denn das Nationalteam wurde auf 12 Mitglieder erhöht und alle hoffen...
Das Bild des Jahres kam von Uwe Rzeha, wobei
einige Zuschauer meinten, dass in seiner 10er-Serie bessere Aufnahmen gewesen waren. Das Bild des Jahres, eine hochformatige Unterwasserlandschaft mit Fisheye unter einem Ponton oder Steg gemacht ist allerdings
sehr stimmungsvoll und durchaus kein Fehlgriff.
Fotograf des Jahres wurde Ludwig Migl. Sicherlich verdient, aber es fehlte bei der Preisverleihung die nötige Erklärung, warum? Sie wurde UnterWasserWelt von Arnd
Winkler nachgereicht. Migl war 2005 der beste und erfolgreichste Life-Wettbewerbsfotograf. Das hätte man auch öffentlich sagen können.
Viele Taucher videografieren, aber nur wenige machen aus ihren
Erlebnissen wirklich einen Film. Deshalb gibt es auch kein eigenes Videofestival...schade drum. Die im VDST filmenden Taucher müssen deshalb ihren Erfolg bei der KLB einheimsen. Die in Ausschnitten gezeigten drei
Videofilme waren aller Ehren wert, von kurzweiliger Spannung, interessantem Inhalt und hoher Qualität. Sieger wurde Andreas Trepte mit einem sehenswerten Ostseefilm, der deutlich machte, dass es außer den Tropen auch
noch andere Meere gibt, in denen es sich zu filmen und zu fotografieren lohnt.
Dusel hatte der Veranstalter mit dem Wetter. Eine Woche später und das Event wäre im Schnee des westdeutschen Horrorwochenendes (26.-27.
11. 05) versunken. Glück hat eben auf Dauer nur Tüchtige.